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Umweltbildung/Bildung für nachhaltige Entwicklung

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Wir bekommen den Umweltpreis

Für 55 Jahre engagierte Naturschutzarbeit wurde unsere BUND Naturschutz-Kreisgruppe Weilheim-Schongau nun mit dem Umweltpreis des Landkreises ausgezeichnet.

05.12.2025

Gerne sind wir der Einladung unserer Landrätin Frau Jochner-Weiß gefolgt und haben im Rahmen der letzten Kreistagssitzung des Jahres die Urkunde und den symbolischen Scheck über 3000 € entgegengenommen. Das Geld kommt so direkt unserer Naturschutzarbeit im Landkreis zugute. Wichtiger ist es uns aber, dass durch diese Auszeichnung nicht nur unsere Arbeit, sondern auch die einzigartige Natur, die uns umgibt, Aufmerksamkeit und Wertschätzung erfährt. Das ist auch bitter nötig, denn Artensterben, Klimakrise und Flächenfraß schreiten weiter voran.

Es war deshalb von “einem lachenden und einem weinenden Auge” die Rede in der kurzen Ansprache, die Hannelore Jaresch, stellvertretend für den Kreisgruppenvorstand, unserer Landrätin und den Kreisräten mit auf den Weg gab:

 

Sehr geehrte Frau Landrätin, sehr geehrte Mitglieder des Kreistages,

den Umweltpreis 2025 nehmen wir mit einem lachenden und einem weinenden Auge entgegen.

Lachend deshalb, weil er sowohl für den Bund Naturschutz mit seinen rund 270.000 Mitgliedern in Bayern als auch für die Kreisgruppe Weilheim Schongau eine große Ehre ist. Mit unseren über 3.000 Mitgliedern im Landkreis, 6 engagierten Ortsgruppen mit ihren gut 250 Aktiven und dem Vorstand der Kreisgruppe haben wir in den vergangenen 55 Jahren viel erreicht. Mit 247 ha sind wir von allen bayerischen Kreisgruppen in Bezug auf Ankaufflächen zur Sicherung von Biotopen auf Platz 1. Insgesamt 70 Offenland-Biotope werden von uns derzeit regelmäßig aktiv gepflegt. Auch unsere Umweltbildung und Biotoppatenschaften mit mehreren Schulen können sich sehen lassen.

Aber auch mit einem weinenden Auge. Die Zustimmung der Bevölkerung zum Volksbegehren „Rettet die Bienen“ war überwältigend, die Zeitenwende in Sachen Bewahrung der Artenvielfalt schien in greifbarer Nähe. Umso enttäuschender war und ist die Rolle rückwärts der Politik, derzeit auch auf Europa-Ebene. 

Wir dürfen nicht vergessen: Es gibt neben der vom Menschen verursachten Klimaerwärmung noch eine weitere, mindestens ebenso dramatische Krise: das weltweite Artensterben mit nicht weniger existenziellen Auswirkungen.

Wir leben in einem der 30 Hotspot-Gebiete der Artenvielfalt in Deutschland, die vom Bundesamt für Naturschutz aufgestellt wurden. Das Hotspot-Gebiet 4 (Ammer-Loisach-Hügelland und Lechvorberge) nimmt einen Großteil des Landkreises ein. Aber: Etwa 30% der Pflanzenarten und rund 35 % der heimischen Tierarten sind mittlerweile in Deutschland gefährdet, die einzelnen Arten schrumpfen in ihren Beständen kontinuierlich, eine Trendumkehr ist kaum sichtbar. Insofern haben wir in unserem Landkreis eine besondere Verpflichtung zum Erhalt der Natur. Besonders freut uns deshalb die Gründung des Landschaftspflegeverbandes im Jahr 2019. Endlich! Der erste Landschaftspflegeverband in Bayern wurde bereits 1985 gegründet. Seitdem bemühten sich insbesondere Hans Schütz und der Bund Naturschutz um einen landkreisweiten Verband. Um dieses Vakuum auszufüllen, beschlossen die Naturschutzverbände Arbeitskreis Heimische Orchideen, Schutzgemeinschaft Ammersee und der Bund Naturschutz, die wichtigsten Flächen durch Ankauf zu sichern. Zusammen haben wir mittlerweile ca. 600 ha wertvollster Biotope im Landkreis für den Artenschutz angekauft.

2025 wurden die Gelder für praktische Landschaftspflege und Ankäufe drastisch gekürzt. Erfreulicherweise gibt es aber im neuen Doppelhaushalt für 2026/27 – wie zunächst befürchtet - keine Kürzungen im Naturschutz.

Auch wenn unsere Kreisgruppe mit ihren vielen aktiven und zahlenden Mitgliedern finanziell gut dasteht, sind auch nachdenkliche Stimmen zu hören. Fehlender Nachwuchs wie bei vielen anderen Verbänden sowie mangelnder politischer Rückhalt machen den Naturschutz nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig. Nach wie vor wird der Schutz der Natur als Verhinderung von wirtschaftlicher Entfaltung gesehen, Naturschutzgesetze werden als disponibel und beliebig betrachtet. Dabei versteht sich der BN gar nicht als Widerpart von Wirtschaft und Politik. Ganz im Gegenteil - wir versuchen seit Jahrzehnten, politisch Verantwortliche mit triftigen Gründen davon zu überzeugen, Entscheidungen für die Bewahrung unser aller Lebensgrundlagen zu treffen. 

Ehrenamtlicher Naturschutz musste längst die Rolle fehlenden staatlichen Handelns übernehmen. Und das, obwohl der Schutz der Natur in Artikel 20a des GG als Staatszielbestimmung verankert ist und damit als Auftrag an den Staat. Um wie viel ärmer wäre der Landkreis, gäbe es den Naturschutz nicht? Ein Yachthafen im heute höchstwertigen europäischen Schutzgebiet Ammersee Süd, die Alpenquerautobahn mitten durchs Grasleitner Moorgebiet, die fast komplette Zerstörung des Murnauer Mooses. Was wäre aus den vielen wertvollen Schutzgebieten in unserer Umgebung geworden, die keiner mehr missen möchte und auf die wir heute zu Recht stolz sind?

Nach wie vor steht eine Mehrheit der Bevölkerung hinter dem Naturschutz. Umso verwunderlicher sind immer wieder die lokalen Angriffe und Forderungen nach einem Radweg in höchstwertige Schutzgebiete wie Ammersee-Süd. Dabei geht es beim Radweg von Fischen nach Dießen entlang der Birkenallee nur vordergründig um die Sicherheit der Radfahrer. Denn auch die Raistinger mit vergleichbarer Einwohnerzahl wie Fischen hätten gerne einen sicheren Radweg nach Dießen, der aber entlang von Kreisstraßen vom Landkreis mit definitiv leeren Kassen finanziert werden müsste. Einen Radweg entlang der Birkenallee als Staatsstraße würde hingegen Bayern zahlen. Wenn nun schon Ministerpräsident Söder eingeschaltet wurde, sollte er um die Übernahme der Kosten für einen sicheren und naturverträglichen Ausbau der Raistinger Schleife gebeten werden und nicht zur Durchsetzung von „basta“-Politik. Zur Sicherheit aller Bürger und zum Schutz wertvoller Natur. Dies sollte uns ein Umweg von knapp 3 km bei einem Zeitverlust von 10 min allemal wert sein.

Seien wir ehrlich, wir werden in Zukunft auch Einschränkungen hinnehmen müssen. Ein „Mehr“ an Naturschutz heißt aber auch ein „Mehr“ an Lebensqualität im Sinne eines Lebens im Einklang mit der Natur. Aber dies bedeutet auch ein „Weniger“ an weiteren Flächen für den Bau von Straßen, Siedlungen und Gewerbegebieten. Die bevorstehenden Transformationen sind auch mit „Zumutungen“ verbunden. Hier sollten Politik und Naturschutz Hand in Hand gehen.  Auch der Kreistag sollte sich nicht auf seine Kernaufgaben beschränken. Aufklärung und Kommunikation sind allerorts nötig, um die notwendigen Veränderungen für einen naturverträglichen Ausbau der erneuerbaren Energien, für Arten- und Biotopschutz, Trinkwasserschutz und andere Zukunftsthemen zu meistern.

In diesem Sinne hoffen wir auf eine gedeihliche Zusammenarbeit und gegenseitiges Vertrauen bei der Bewältigung unserer Aufgaben für eine langfristig nachhaltige Zukunft.  Hier sind wir ganz im Einklang mit Ministerpräsident Söder, der kürzlich auf dem Herbst-Empfang der Landtags-CSU unter dem Motto „Bayerns Zukunft: Heimat – Natur – Verantwortung“ zu „Kooperation statt Konfrontation“ aufrief.

Vielen Dank für Ihr offenes Ohr!