Radweg Birkenallee
Warum es zwischen Fischen und Dießen auch nach 40 Jahren, mehreren Anläufen und sehr viel verbranntem Geld keinen Radweg gibt. Und warum das eigentlich gut so ist...

Auf den Punkt
Radweg Birkenallee
Schutzgebiet:
Hier brüten seltene Wiesenbrüter.
Eine einzige Störung durch Menschen oder Hunde kann zur Aufgabe der Brut führen.
Alternative:
Die "Raistinger Schleife"
Ein Radweg Raisting-Dießen würde mehr Menschen anbinden als die Birkenallee.
Verfahren:
Die Planfeststellungsbehörde entscheidet nach Gesetzeslage - nicht wir!
Die St 2056 „Birkenallee“ zerschneidet das herausragende Schutzgebiet „Vogelfreistätte Ammersee Südufer“. Schon der zunehmende Verkehr sorgt dafür, dass sich die stark gefährdeten Bodenbrüter von der Straße zurück ziehen. Radler, Wanderer und Hunde auf einem neu angelegten Radweg würden die sensiblen Brutvögel noch mehr stören.
Nun bereitet das Staatliche Bauamt ein weiteres Planfeststellungsverfahren vor, in dem über den Radweg entschieden werden soll. Bereits in der Vergangenheit war dies aus Naturschutzgründen gescheitert, die nicht der BN zu vertreten hat. An dieser Situation hat sich bis heute nichts geändert.
Dabei gibt es Alternativen: Ein Radweg Raisting-Dießen würde mit Raisting einen größeren Ort* anbinden. Eine nur 5 % längere Strecke (Raistinger Schleife) wird sportlichen und touristischen Radlern bei der Seeumrundung nicht schwer fallen. Darüber hinaus könnte ein Tempolimit auf der Birkenallee für mehr Sicherheit sorgen – für Mensch UND Natur. Dieser Radweg bekommt die volle Unterstützung des Bund Naturschutz.
*) Die Einwohnerzahlen von Pähl und Raisting sind vergleichbar (Pähl 2464, Raisting 2365). Durch den Radweg Raisting-Dießen könnte aber der Hauptort angebunden werden, während die Birkenallee nur den kleinen Pähler Ortsteil Fischen anbinden würde, für den Hauptort Pähl wäre die Raistinger Schleife die direktere Route.
Fragen & Antworten
Wie ist der Stand?
Nachdem der Radweg Birkenallee erst 2018 ad acta gelegt wurde, wiederholte das Staatliche Bauamt Weilheim aufgrund politischen Drucks bereits in Vorjahren durchgeführte Untersuchungen für mehrere hunderttausend Euro, mit denen die Planfeststellungsbehörde 2026 ein erneutes Planfeststellungsverfahren eröffnen könnte.
Was ist ein Planfeststellungsverfahren?
Bei bedeutenden Bauvorhaben, bei denen viele Belange und Gesetze gegeneinander abgewogen werden müssen, geschieht dies in einem Planfeststellungsverfahren. Beteiligt werden der Vorhabenträger, betroffene Gemeinden, Grundeigentümer und Anlieger, Träger öffentlicher Belange und die Öffentlichkeit. Üblicherweise wird auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt.
Wer entscheidet, ob der Radweg gebaut wird?
Die Entscheidung liegt bei der Planfeststellungsbehörde und im Fall einer Klage gegen den Beschluss bei einem Gericht. Grundlage dafür ist die Gesetzeslage. Erst 2008 wurde ein Planfeststellungsverfahren zum „Radweg Birkenallee“ wegen nicht lösbarer rechtlicher Probleme mit dem europäischen Naturschutzrecht eingestellt, da der Radweg mit den bestehenden Schutzgebieten unvereinbar ist und es eine Alternative gibt.
Warum ist der Radweg in der Birkenallee besonders problematisch?
Die St 2056 durchschneidet die „Vogelfreistätte Ammersee Südufer“, ein 499 ha großes Gebiet in der Verlandungszone des Ammersees, das 1979 unter Schutz gestellt wurde. Das hochkarätige Gebiet ist nach mehreren Kategorien geschützt: Vogelschutz nach Ramsar, FFH-Gebiet, Naturschutzgebiet, Landschaftsschutzgebiet und EU-Vogelschutzgebiet.
Welche geschützten Arten kommen dort vor?
Die feuchten Wiesen am Ammersee Südufer sind ein wichtiges Brutrevier für Bodenbrüter wie Brachvögel und Kiebitze. Außerdem kommen dort stark gefährdete Schmetterlinge, Zauneidechsen und der besonders geschützte Kantenlauch vor. Arten die kaum anderswo geeignete Lebensräume finden.
Würde ein Radweg neben der Straße die Brutvögel stören?
In den letzten Jahren wurden einige Brutreviere an der Straße bereits aufgegeben, allein der zunehmende Autoverkehr stört die Vögel empfindlich. Mit einem Radweg würden mehr Menschen die Wiesen betreten, fotografieren, Blumen pflücken, picknicken und Hunde frei laufen lassen. Eine einzige Störung kann zur Aufgabe der Brut führen.
Welche Alternativen gibt es?
Wir befürworten einen Radweg zwischen Raisting und Dießen. Raisting hat über 2300 Einwohner, während Fischen nur ein kleiner Ortsteil des vergleichbar großen Pähl ist. Es würden also mehr Menschen im Alltag profitieren. Über die Alternativroute „Raistinger Schleife“ würde die Seeumrundung damit sicherer und nur 5 % länger - beim sportlichen und touristischen Radeln sicher kein Problem. Darüber hinaus könnten die Verkehrsbehörden mit einem strengeren Tempolimit an der Birkenallee für mehr Sicherheit und Ruhe sorgen – für Mensch UND Natur.
Warum erwägt der BUND Naturschutz, gegen den Planfeststellungsbeschluss zu klagen?
Der Naturschutz ist unsere satzungsgemäße Aufgabe, wir sind die Anwälte der Natur. Als Grundeigentümer und Naturschutzverband haben wir Klagerecht. Bei einem so einzigartigen Lebensraum wäre es unabdingbar, einen eventuellen Planfeststellungsbeschluss durch ein unabhängiges Gericht überprüfen zu lassen.
Und andere Radwege können leichter gebaut werden?
Auch andere Radwege im Landkreis können seit Jahren nicht umgesetzt werden, meist ist nicht der Naturschutz der Grund: Der Grunderwerb ist schwierig oder die Gemeinden unterstützen nicht, so zwischen Oberhausen-Huglfing und Weilheim-Seeshaupt.
Warum besitzt der BUND Naturschutz Grundstücke am Ammersee Südufer?
1969 plante die Gemeinde Fischen an dem artenreichen Südufer des Ammersees einen Segel-Yachthafen mit Hotel. Dies rief den BUND Naturschutz auf den Plan. Ein Landwirt war bereit, seine Feuchtwiesen zu verkaufen und wir konnten unser erstes Sperrgrundstück erwerben. 1979 wurde das ganze Gebiet unter Schutz gestellt. Aus heutiger Sicht muss man sagen: Zum Glück, denn während es rund um unsere Seen zahlreiche Yachthäfen gibt, wäre dieses einzigartige Gebiet sonst für die Natur für immer verloren gegangen.
Wer trägt die Kosten eines Radweges?
Während ein Radweg entlang der Birkenallee neben der Staatsstraße von Freistaat Bayern finanziert würde, wäre der Radweg von Raisting nach Dießen eigentlich von den beiden angrenzenden Landkreisen WM-SOG und LL zu tragen. Dies scheint der Hauptgrund für die neuerliche Forcierung entlang der Birkenallee zu sein. Innenminister Herrmann hat sich aber bereits 2017 aus rechtlichen Gründen gegen den Radweg entlang der Birkenallee ausgesprochen und eine „finanzielle Unterstützung im Rahmen der haushaltsrechtlichen Möglichkeiten“ des Projektes Raistinger Schleife durch das Innenministerium angeboten (s.u.). Ministerpräsident Söder, der nun eingeschaltet wurde, könnte die Umwidmung der Gelder in die Raistinger Schleife veranlassen und unserem Landkreis und der Natur damit wirklich helfen.
Gibt es denn nicht genug Schutzgebiete?
Nein, denn wir erleben ein beispielloses Artensterben. Der Bestand an Kiebitzen hat z.B. in Bayern von 1992-2016 um 90 % abgenommen. Die „Nationale Biodiversitätsstrategie 2030“, als Nationale Umsetzung der „EU-Wiederherstellungsverordnung“ und des „Abkommens von Montreal“ hat zum Ziel, diesen Trend bis 2030 aufzuhalten und umzukehren. Auch in Bayern soll die Natur auf mindestens zwei Prozent der Landesfläche streng geschützt werden. Bisher sind lediglich 0,5 Prozent der Landesfläche ohne Nutzungsdruck. Es wäre deshalb dringend geboten, mehr Flächen unter Schutz zu stellen, statt bestehende Gebiete abzuwerten und zu verkleinern.





